Diabetiker-Warnhund Angel ist immer an Utes Seite

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Labradorhündin Angel schnappt sich vorsichtig den Beutel, der für ihre Besitzerin lebenswichtig sein kann. Foto: Volker Herold

Kamp-Linfort.   Das Labrador-Mädchen ist Diabetiker-Warnhund und sorgt dafür, dass ihre Besitzerin im Notfall Süßes bekommt. Der Zufall verschaffte ihr den Job.

Dass die beiden ein starkes Team sind, kann jeder schnell erkennen: Die sechsjährige Labrador-Hündin Angel lässt nämlich ihr Frauchen Ute Engel keinen Augenblick aus den Augen. Besucher werden von der schokobraunen Hundedame freundlich begrüßt, aber danach sind sie ihr eigentlich ziemlich wurscht. Selbst Ehemann Carsten Engel hat nicht allzu viel zu melden.

Alle Augen, vor allem aber die Nase auf Ute Engel! Denn Angel hat eine wichtige Aufgabe: Sie warnt die 51-jährige Kamp-Lintforterin mit Diabetes Typ 2, wenn deren Blutzuckerwerte in die Knie gehen. Und dann schnappt sie sich die immer an derselben Stelle bereit liegende Tasche mit Süßigkeiten und legt sie ihrer „Patientin“ in den Schoß. Angel ist zertifizierter Diabetiker-Warnhund.

Angel sollte eigentlich bloß Familienhund sein

„Wenn Menschen überzuckert sind, riechen sie nach Aceton, wenn der Zucker zu niedrig ist, nach Ammoniak“, weiß Ute Engel heute. Als Angel als achtwöchiger Welpe ins Haus kam, war ihrer Besitzerin das so nicht klar. Und dass Angel für sie so wichtig werden könnte, auch nicht. Der Labbi sollte einfach ihr Hund sein. „Aber anfangs hat sie nachts schon mal ein bisschen gefiept. Da habe ich mich zu ihr gelegt.

Irgendwann habe ich herausgefunden, dass immer, wenn sie mich nachts wach gestupst hatte, auch mein Zuckerspiegel runter war“, erzählt Engel. Angel ist sozusagen ein Naturtalent für ihre Aufgabe. Ob man prinzipiell jeden Hund als Warnhund ausbilden könne, sei überhaupt umstritten.

Die Ausbildung kann erst nach einem Jahr beginnen

Auch für den Welpen Angel bedeutete diese überraschende Erkenntnis erst mal nichts: „Mit der gezielten Ausbildung zum Warnhund kann man

Zeit für was Süßes, findet Angel.
Foto: Volker Herold

 erst mit zwölf bis fünfzehn Monaten anfangen“, erklärt Engel. Was aber nicht heißt, dass man bis dahin nichts tun muss. Man kann auch eine Menge vermasseln. „Die Bindung zwischen Mensch und Tier ist das A und O“, sagt die Expertin. „Wenn der Hund merkt, dass ich alles für ihn tue, dann tut er auch alles für mich.“ Deshalb glaubt sie auch nicht daran, dass man einen fertig ausgebildeten Hund einfach so kaufen kann.

Also habe sie viel mit ihm Ball gespielt, daran gearbeitet, dass er ihr den Ball vorsichtig in die Hand legt, die Hundeschule besucht, Clickertraining gemacht. Die Süßigkeitentasche und die anderen Feinheiten kamen erst später. Die hohe Kunst: Angel klar zu machen, dass sie im Auto im Notfall bellen soll, weil ja da nix ist mit anstupsen oder Pfote auflegen. Und dass sie das im Restaurant aber, bitteschön, anders lösen muss. Übrigens: Selbst wenn Angels feines Näschen dort einen anderen Menschen mit ähnlichen Problemen riechen würde – sie passt nur auf ihre Ute auf. Dabei stört sie auch das Parfüm nicht, das die Kamp-Lintforterin gern aufträgt.

Zertifizierung ist wichtig für den Arbeitgeber

Nachmessen muss sein.
Foto: Volker Herold

Die Zertifizierung hat sie sich dann in einer Hundeschule in Süddeutschland abgeholt, mit der sie bis heute kooperiert (siehe Info). Die ist notwendig, wenn es darum geht, einem Arbeitgeber nachzuweisen, dass es ohne den Vierbeiner nicht geht, oder die Fluggesellschaft davon zu überzeugen, dass das Tier mit in die Kabine muss.

Obwohl: Angel zuliebe verzichten die Engels auf Fernreisen in warme Länder. „Die Hitze verträgt sie doch gar nicht.“ Jetzt geht es eben seit sechs Jahren nach Föhr.

Leckerchen gegen Leckerchen: Das muss sein

Das ganze System funktioniert natürlich nicht bloß, weil Angel so freundlich ist. Sie besteht schon sehr deutlich auch auf ihr Belohnungs-Leckerchen, wenn sie ihren Job erledigt hat. Aber, Frau Engel, könnte da nicht ein besonders pfiffiger Hund auf den Trichter kommen, mal häufiger anzuschlagen? „Ja, kann passieren. Die Verantwortung nimmt mir Angel nicht ab. Doch sie gibt mir Sicherheit.“

Bis eben hatte die Hundedame noch gemütlich mitten im Wohnzimmer gedöst. Jetzt steht sie auf und stupst Ute Engel an. Die geht ins Bad zum Messen – tatsächlich, der Zuckerspiegel ist noch im grünen Bereich, aber schon auf dem absteigenden Ast. Prima aufgepasst, Angel.

>>INFO

In Zusammenarbeit mit der Hundeschule Birgit Balogh hat Ute Engel Videos produziert, mit deren Hilfe Diabetiker ihren Hund schulen können. Der Weg bis zur Zertifizierung ist dann nicht mehr weit. www.ausbildung-diabetikerwarnhund.de. Im Internet bieten zahlreiche Hundeschulen die Ausbildung zum Warnhund an.

Quelle: WAZ / NRZ